Sultan Mehmet II. Eroberer Konstantinopels – Patron der Künste von Neslihan


Asutay-Effenberger, Ulrich Rehm CHF 49.50

Manche hierzulande stören sich an Moscheennamen wie FATIH-Moschee, und sehen hinter dem Fatih, dem Eroberer, eine Art weiterer Eroberungs-Anspruch. Von einer byzantinistischen Tagung blieb der etwas überteuerte Band zu Mehmet II. Spannend, wie unterschiedlich der Eroberer von Konstantinopel in der byzantisnischen Geschichtsschreibung höchst unterschiedlcih wegkam; wie vor der Eroberung bereits Moscheen in der Stadt am goldenen Horn existierten, und nach der Eroberung Kirchen nicht gänzlich verschwanden. Mehmet II wird gezeigt auch als Patron der Künste, und die Osmanische Renaissance verglichen mit der gleichzeitigen italienischen Renaissance. Wie die Ausrichtung der Türkei auf Europa kein neues Phänomen ist, sondern immer schon dem osmanisch-türkischen Selbstverständnis entsprach, gibt für heutige Debatten etwas mehr Tiefenschärfe. Nicht alle Artikel sind gleich bedeutungsschwer, lesenswert und gut bebildert allemal die Architekturgeschichte von der Hagia Sophia zu den grossen osmanischen Kuppelmoscheen.

Thomas Markus Meier

Streite mit Ihnen auf die beste Art – Praktische Anleitung zum christlich-muslimischen Dialog

Werner Schatz Zell am Main / Würzburg 2010 Unser treues und bekanntes Mitglied der Gemeinschaft von Christen und Muslimen in der Schweiz, der ehemalige Islam-Beauftragte der evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt, Pfarrer Dr. theol. Werner Schatz, legt ein Buch vor, das in die Hände aller am interreligiösen Dialog interessierten Christen und Muslime zu wünschen ist. Bei andern mag das Buch das Interesse sogar erst zu wecken: Das Interesse nicht nur an der andern, sondern auch an der eigenen Religion. Denn der Untertitel «Praktische Anleitung» meint weniger ein Rezeptbuch, wie kommen wir ins Gespräch – sondern vielmehr ein Leitfaden, der wirklich praktisch ist: kompakt, differenziert, handlich. Worüber liesse sich trefflich und gut streiten? Auf gut 330 Seiten bietet der Autor eine Fülle dichter Zusammenfassungen von Lehre und Praxis der Religionen, die auf Bibel oder Koran fussen. Dabei wird klar, wie vielfältig und unterschiedlich Christentum und Islam schon je in sich selber sind. Ausserdem scheut sich der Autor keineswegs, auch Schwierigkeiten zu benennen, Negatives nüchtern aufzulisten. Es geht ihm jedoch nicht um gegenseitiges Aufrechnen, sondern schlicht darum, dass wir bei Religionen oft auch mit negativen Seiten zu rechnen haben. Gerade bei besonders strittigen Themen wird spürbar, dass das titelgebende Koranzitat durch den Autor nach Kräften selber eingelöst wird: Auf beste Art streitet er gegen Halbwahrheiten, Klischees, Pauschalisierungen, hüben und drüben, und skizziert oft auch Wege, entlang derer weiter diskutiert werden könnte, oder zitiert eine Fülle von Detailinformationen, die wohl manche praktizierende Christen und Christinnen oder Muslime und Musliminnen in dieser Komplexität und Differenziertheit bislang gar nicht wahrgenommen haben. Zu Recht macht Werner Schatz immer wieder darauf aufmerksam, wie diffizile Nuancen der Theologie von Gläubigen selten verstanden werden – und dass so auch ein innerchristlicher Dialog nötig wäre, etwa wie Chalzedon heute zu verstehen und interpretieren wäre. Lesens- und bemerkenswert vor allem die Gross-Kapitel über strittige Themen oder missverständliche Bibel- und Koranstellen, auf knappem Raum ein Kompendium exegetischer Fragestellungen. Und auch für Theologinnen und Theologen spannend die Themenfelder Christologie und Trinitätslehre. Da gibt es viel aufzufrischen oder nachzulernen. Geschrieben, aber erklärend und verständlich, dass auch Nicht-Fachleute dem Gedankengang und der Fragestellung folgen können. Mit Hilfe des Inhaltsverzeichnisses kann das Buch durchaus auch als Nachschlagwerk konsultiert werden; bei fortlaufender Lektüre ergeben sich deshalb zwar kleine Verdoppelungen, Wiederholungen, die aber kaum stören. Hilfreich und wünschenswert wäre allerdings ein Stichwort-Register gewesen, das den lexikalischen Nutzen erweitern würde.

Thomas Markus Meier

Leitfaden für den interreligiösen Dialog

Zur Überwindung von Peinlichkeiten, Missverständnissen, Stolpersteinen und Fettnäpfchen im Gespräch über die Verschiedenheit im Religiösen gibt es den Leitfaden für den interreligiösen Dialog. Die Gruppe der Frauen des interreligiösen Think Tanks haben aufgrund von eigenen Erfahrungen und ihren profunden Kenntnissen unterschiedlicher Religionen eine hervorragende Hilfestellung erarbeitet. Entstanden ist ein wertvoller, bodenständiger Beitrag zum gegenseitigen interreligiösen Verständnis. 

Der Interreligiöse Think-Tank (mehr Informationen unter: www.interrelthinktank.ch) ist ein institutionell unabhängiger Zusammenschluss von Exponentinnen des interreligiösen Dialogs in der Schweiz, die gemeinsam ihre Dialogpraxis reflektieren, gesellschaftliche und religionspolitische Fragen diskutieren und ihre Erkenntnisse und ihr interreligiöses Know-how der Öffentlichkeit zugänglich machen.

Der ausschliesslich weibliche Think-Tank

Ja! Sie haben es richtig gelesen: Exponentinnen. Das bedeutet, es handelt sich um eine ausschliesslich weibliche Gruppe, was schon unsere Aufmerksamkeit reizen kann. Es ist noch interessanter, festzustellen, dass eine solche Gruppe sich mit religiösen Themen beschäftigt, einem Bereich, der noch heute entscheidend von Männern beeinflusst wird. Keine einfache Aufgabe: Zwischen der blossen Anprangerung der Ungleichheit der Frauen und der Rechtfertigung dieser Ungleichheit aus mehrere Kulturen gleichmachenden Gründen findet der Think-Tank einen Gratpfad, der nicht immer einfach ist. Motto: Religion ist nicht mit Fundamentalismus, Frauendiskriminierung und Unaufgeklärtheit gleichzusetzen! In seinem Werk «Leitfaden für den interreligiösen Dialog» bietet der Think-Tank einen Beitrag zum interreligiösen Dialog mit Beispielen und einer Checkliste für die Planung interreligiöser Anlässe an. Diese Beispiele sind erlebte misslungene Situationen, die man nicht wiederholen soll. Aus Fehlern kann man am besten lernen, nicht? Der Think-Tank setzt eine ganz konkrete Wirklichkeit voraus: «Religionen sprechen nicht. Es sind Menschen, die sich im interreligiösen Dialog begegnen, nicht religiöse Systeme. Diese Menschen leben in bestimmten sozio-politischen Kontexten, sind von verschiedenen Faktoren wie Kultur, Religion, ökonomische Verhältnisse, Schicht- und Geschlechtszugehörigkeit, Mehrheits- oder Minderheitenposition geprägt und haben ihre eigene Biografie. Religion ist also nicht das einzige Identität stiftende Merkmal einer Person.» Ohne sich die Frage zu stellen, ob es vielleicht eben ein weibliches Merkmal ist, die Person als «Ganze» zu betrachten, tut der Think-Tank so. Das ist ein Zeichen eines umfassenden Denkens, was auch in einer Gesellschaft, die versucht, das Leben zu unterteilen, gut tut. 

Gleichberechtigte Dialoge

Die Frage der asymmetrischen Beziehung taucht auch auf: Es gibt ein Machtgefälle zwischen ChristInnen als Teil der Mehrheitsgesellschaft und andersgläubigen DialogpartnerInnen. Diese strukturelle Asymetrie ist auch im interreligiösen Bereich zu beachten. Aber wie konkret? Indem alle sich bemühen, Rahmenbedingungen zu schaffen, die möglichst gleichberechtigte Dialoge ermöglichen (zum Beispiel ein ausgeglichenes Zahlenverhältnis unter den Teilnehmenden). Diese Tatsache hat auch einen Einfluss über die andersgläubigen PartnerInnen in der Darstellung ihrer religiösen Tradition. Als Minderheiten, die immer mit Vorurteilen und Misstrauen ihrer Religion gegenüber konfrontiert sind, probieren die andersgläubigen PartnerInnen ihre Religion möglichst positiv darzustellen. 

Interreligiöser Dialog zu Alltagsfragen

Die Machtfrage hat auch einen wichtigen Platz in den Äusserungen des Think-Tanks. Er nimmt die Tatsache wahr, dass in vielen abrahamitischen Religionsgemeinschaften vor allem Männer die Leitungsfunktion innehaben. Das bedeutet: Wenn Frauen verschiedener Religionen in Dialog kommen, reden sie nicht als RepräsentantInnen ihrer Religion aber als «einfache» Mitglieder. Sie organisieren interreligiösen Dialog zu praktischen Fragen des Alltags: Essensbräuche, religiöse Erziehung der Kinder, um Bräuche und Rituale um die Geburt, Kindheit und Pubertät, persönliche Bedeutung des Fastens, das Zusammenleben im Quartier, usw. Themen, die zur sogenannten Fürsoglichkeitsethik gehören. Wir sind hier sehr fern von Machtfunktion innerhalb der Religionsgemeinschaft. Daraus erklärt der Think-Tank die grosse Freiheit, die die Frauen haben, ihre eigene Meinung zu äussern. Die Kehrseite davon ist, dass Frauen nicht verbindlich für ihre Gemeinschaften sprechen können und nicht in der Lage sind, die Resultate ihrer Erkenntnisse in ihre Religionsgemeinschaften zurückfliessen zu lassen und umzusetzen. 

Pfingstfeier oder Feier an Pfingsten?

Dieser Leitfaden ist eine sehr gute und praktische Einführung für den, der die bewährte Praxis des interreligiösen Dialogs kennen lernen will. Er gibt auch brauchbare Hinweise über die Hindernisse dieser sehr schwierigen und feinfühligen Kunst. Ich kann mich nicht wehren, als Schlusswort ein Beispiel zu zitieren: «Seit vielen Jahren gibt es in Winterthur den Anlass «Afropfingsten», mit einer interreligiösen Schlussfeier. Im Internet wurde diese Feier als «Interreligiöse Pfingstfeier» angekündigt. Die Verantwortlichen wunderten sich darüber, wie schwierig es war, VertreterInnen der anderen Religionen als Mitwirkende zu gewinnen. Schlussendlich wurde dann aufgrund einer Intervention der Anlass als eine «Interreligiöse Feier an Pfingsten» ausgeschrieben. Das Beispiel zeigt: Angehörige der Mehrheitsgesellschaft verwenden oft unbesehen christliche Konzepte und Begriffe und gehen davon aus, dass diese für alle gelten. Dies ist einerseits verständlich, denn die Mehrheitsgesellschaft und deren christliche Wurzeln haben immer noch eine prägende Wirkung und die Bezeichnungen für die christlichen Feiertage werden auch losgelöst von ihrem religiösen Gehalt im säkularen Bereich verwendet. Andererseits gilt es gerade im interreligiösen Dialog zu lernen, die Definitionsmacht über die Anderen abzulegen und die Selbstinterpretation ihrer religiösen Tradition zu achten.» Nassouh Toutoungi, Vorstand GCM, christkatholischer Pfarrer in Biel/Bienne

Sadakat Kadri – Himmel auf Erden

Eine Reise auf den Spuren der Scharia durch die Wüsten des alten Arabien zu den Strassen der muslimischen Moderne

Berlin 2014

Ein etwas gewagter Vergleich: Wer die die Geschichten und Anekdoten der alten Rabbinen des Talmud kennt, wird sie in den genialischen Nacherzählungen des Elie Wiesel dennoch wie neu und erstmalig lesen. Ähnlich ist es mir etwa mit der ersten Hälfte von Kadris Nacherzählung der islamischen Geschichte ergangen. Denn die im Untertitel genannte Reise wird erst im zweiten Teil zu einer geographischen Reise – von Beginn aber ist es immer auch eine Reise durch Geschichte und Entwicklung. Und der Zielpunkt der Entwicklung ist die zunehmend verstörende Gegenwart. Wie bei Elie Wiesel sprechen die Pointen der Anekdoten und Erzählungen nicht nur für sich selbst, sondern bekommen durch den Autor einen kommentierenden Echoraum. Das erste Kapitel schliesst mit dem Tod des Propheten. Wie würde es weitergehen? Kadri formuliert sozusagen als Doppelpunkt für folgenden Ausführungen: «Gott würde zweifellos die Gläubigen leiten, aber diese Annahme sollte für immer im Bereich des Glaubens bleiben. Der Rest ist Geschichte.» (S. 40). Ich musste diesen Satz mehrfach lesen und nachklingen lassen.

So süffisant erzählt, so brisant auf den Punkt gebracht. Wie wurde, wie wird die Scharia gedeutet, praktiziert, weiter entwickelt? Der muslimische Autor und Menschenrechtsanwalt Sadri, dissertiert hat er über die europäische Rechtsgeschichte, stellt von seiner Herkunft her überraschend fest, dass der Begriff Scharia, in seiner Welt durch und durch positiv besetzt, im Westen zum Schreckgespenst geworden ist. So macht er sich auf die Suche nach der Geschichte der Scharia, und berichtet im Stil einer grossangelegten Reportage über Begegnungen mit zeitgenössischen Religionsstudenten und -gelehrten. Und was er zu Tage fördert, ist oft verstörend. Scheinbar Bekanntes wird neu durchdacht. Die berühmte Doktrin, dass das Tor zum Ijtihad geschlossen sei, also die Rechtsentwicklung abgeschlossen, wurde von einem Gelehrten formuliert, der diese Aussage eben für falsch hielt – aber sie entwickelte ein Eigenleben. Nichtsdestotrotz ging die Rechtsentwicklung immer weiter. Bis heute. Das Bemerkenswerteste, eine traurige Paradoxie, die sich wie ein blutroter Faden durchs Buch zieht, ist die Feststellung, «dass es den Hardlinern in weniger als vierzig Jahren gelungen ist, … dass sie die Scharia in den Köpfen vieler Menschen zu einem der drakonischsten Rechtssysteme der Erde gemacht haben.» (S. 256) Über Jahrhunderte entwickelte sich die islamische Rechtswissenschaft, eine gewaltige Errungenschaft, sie «setzte sich auf drei Kontinenten durch und stellte das Christentum fast tausend Jahre lang in den Schatten. Indem sie sich an lokale Lebensumstände und Bräuche anpasste, verband sie höchst unterschiedliche Zivilisationen miteinander. Doch ein vier Jahrzehnte währender rigoroser Umbau des Rechtswesens hat Theorien gestärkt, die keinen Raum für neue Ideen und Dissens lassen.» (S. 290) – so dass Staaten, die ihre Interpretation des islamischen Rechts institutionalisiert hätten, heute dem Rest der Welt hinterherhinkten; «den ersten Platz haben sie nur bei der Zahl der Todesopfer.» (ebenda) Das provoziert dann auf der Gegenseite selbsternannte Anti-

Dschihadisten, die online gegen ihre eigene Vorstellung der Scharia kämpfen (vgl. S. 291).

Der Buchtitel erklärt sich erst zum Schluss – und er wird heutzutage leider überhört. Sei es im lauten medialen Gewitter einer hochgebauschten Islamdebatte, oder im Kanonendonner junger verirrter Gotteskrieger. Die Menschen wollten nach Rechtschaffenheit streben, aber sollten «die Schrecken des Jenseits nicht schon vorwegnehmen. Himmel und Hölle liegen ausserhalb der Rechtsprechung, und was immer sie bereithalten mögen, Sterbliche können nur versagen, wenn sie Gott im Hier und Jetzt spielen.» (S. 312) Das einzige, was mir nicht ganz behagte, waren zwei drei giftige Bemerkungen zum Katholizismus. Auch wenn sie nicht aus der Luft gegriffen waren. So muss es, so habe ich gelernt, so muss es vielen Muslimen gehen, wenn sie über ihre Religion aus der Sicht Andersgläubiger lesen…

Hilfreich wäre einzig ein kleiner Vermerk im Vorwort gewesen, dass Hinweise, Belege, Anmerkungen im letzten Buchteil folgen. Wie auch immer, sogar die Danksagliste endet überraschend unkonventionell… Mit Augustinus kann ich nur sagen: Nimm und lies!

Thomas Markus Meier

Rezension zum Lexikon des Dialogs – Grundbegriffe aus Christentum und Islam

von Esma Isis-Arnautovi?

Der interreligiöse Dialog ist vom Leitgedanken geprägt, Beteiligten verschiedener Religionen und Kulturen vertiefte Kenntnisse über die jeweils andere Religion zu vermitteln und eine Gesprächsgrundlage zu bieten. Wer sich bereits einmal im Religionsdialog engagiert hat, weiss aus Erfahrung, dass dabei oft nicht nur sprachliche Hindernisse zu überwinden sind, sondern auch das religionsspezifische Vorverständnis gewisser Begriffe und Konzepte das gegenseitige Verstehen erschwert. Oft drücken selbst sprachliche Äquivalente nicht dasselbe aus oder weisen unterschiedliche Konnotationen auf. Um essentielle Sachverhalte begrifflich zu fassen, fehlt im Religionsdialog vielfach die Terminologie, die eine adäquate Übersetzung ermöglicht. Um diesem Problem entgegenzuwirken hat die Eugen-Biser-Stiftung ein Sachlexikon erarbeitet, das religiöse Begrifflichkeiten klären und so eine Grundlage für den Dialog schaffen soll.

Entstanden ist ein zweibändiges Werk mit rund 660 Grundbegriffen, die von wissenschaftlichen Experten aus Christentum und Islam aufbereitet wurden. Das Lexikon trumpft insbesondere dadurch auf, dass die jeweiligen Begriffe nacheinander aus christlicher respektive islamischer Perspektive erläutert werden und so unmittelbar aufeinander folgen. Dies erspart eine mühsame und zeitintensive Suche nach dem jeweiligen Pendant aus der anderen Religion. Obwohl die Artikel für sich stehen und religionswissenschaftliche Kommentare fehlen, schafft diese Darstellungsweise dennoch eine Vergleichbarkeit und verdeutlicht dem Leser Parallelen sowie Differenzen. So wird beispielsweise Offenbarung im islamischen Beitrag als Mitteilung Gottes beschrieben, die den Menschen durch erwählte Propheten vermittelt wird und ihre Vollendung im Koran findet. Nach christlichem Verständnis hingegen ist Offenbarung die göttliche Selbstmitteilung, die ihren Höhepunkt in der Menschwerdung Gottes in der Person Jesu Christi findet. Damit wird der Fokus von der weit verbreiteten Vergleichsbasis Koran – Bibel hin zu einer Gegenüberstellung Koran – Jesus verschoben.

Das Lexikon erschien in deutscher sowie türkischer Sprache, wobei die Begriffe zum Christentum ausschliesslich von christlichen Autoren deutscher Universitäten verfasst wurden. Die Beiträge zum Islam hingegen stammen von muslimischen Autoren, die mehrheitlich an der theologischen Fakultät der Universität Ankara angesiedelt sind. Dies schlägt sich in den Texten dahingehend nieder, dass sie überwiegend aus einem sunnitischen Verständnis heraus verfasst wurden. Da die Auslegung und Deutungshoheit der Begriffe den Vertretern der jeweiligen Religionsgemeinschaft überlassen wurde, konnten die Termini theologisch von innen heraus erarbeitet werden, was dem Werk als weitere rare Besonderheit zugutekommt. Nichtsdestotrotz drängt sich die Frage auf, ob es sich hierbei nicht doch um eine importierte Theologie handelt und inwiefern muslimische Wissenschaftler in Deutschland dieselben theologischen Positionen vertreten.

Gleichzeitig verdeutlicht das Lexikon aber durchaus häufig vertretene Sichtweisen. Beispielsweise wird Abraham im christlichen Beitrag vor allem als Integrationsfigur der drei monotheistischen Religionen thematisiert und seine historische Realität kritisch hinterfragt. Im islamischen Eintrag wird Ibrahim hingegen als wichtige religiöse Identifikationsfigur präsentiert, deren reale historische Existenz gar nicht erst thematisiert wird. Allerdings vermögen nicht alle Artikel die Erwartungen des Lesers zu erfüllen. Zum Beispiel wird im islamischen Beitrag zur Kleiderordnung lediglich der Zweck der Bekleidung als Bedeckung der Scham sowie deren ästhetische Dimension besprochen. Wer nach einem konstruktiven Beitrag über das Kopftuch sucht, wird enttäuscht – und dies, obwohl unter dem (leeren) Eintrag Hijab ein Verweis auf die Kleiderordnung gegeben ist, der dann aber ins Leere läuft. Hingegen bietet der Eintrag über die Aschariten einen fundierten Überblick über deren Entstehungsgeschichte, Lehre und Wirken sowie Abgrenzungsmerkmale zu anderen theologischen Schulen.

Am Ende eines jeden Artikels findet sich jeweils ein Verweis zu anknüpfenden und weiterführenden Beiträgen. Leider fehlen Angaben zur verwendeten Literatur, so dass nicht ersichtlich ist, auf welche Werke sich die Beiträge stützen. Eine bescheidene, zweiseitige Bibliographie findet sich ganz am Ende des Lexikons. Diese Liste besteht jedoch vorwiegend aus Enzyklopädien, welche den Fachpersonen wohl bekannt sind, deren Zugänglichkeit für das praxisbezogene Publikum wie Pfarrer, Imame oder Lehrer kaum gewährleistet ist. Mit Blick auf die Praxis wären bibliographische Angaben direkt im Anschluss an den jeweiligen Artikel, welche die Nachvollziehbarkeit und weiterführende Recherche erleichtern würden, durchaus wünschenswert.

Zwar ist das Lexikon des Dialogs nicht umfassend, doch bietet es einen guten Überblick über theologische Begrifflichkeiten aus Christentum und Islam. Insbesondere stellt es angesichts gesellschaftsaktueller Themen wie Migration und Integration eine solide Grundlage dar, um miteinander ins Gespräch zu kommen.

Heinzmann, Richard (Hrsg.): Lexikon des Dialogs. Grundbegriffe aus Christentum und Islam, im Auftrag der Eugen-Biser-Stiftung, in Zusammenarbeit mit Peter Antes, Martin Thurner, Mualla Selçuk und Halis Albayrak, 2 Bände, Freiburg/Basel/Wien: Verlag Herder GmbH 2013, 851 Seiten, ISBN 978-3-451-30684-6.

Haut ab!

So der Titel eines Essays von Alfred Bodenheimer zur Beschneidungsdebatte im letzten Jahr. Der Basler Professor für Religionsgeschichte und Literatur des Judentums interpretiert klug, belesen und weitsichtig die (juristischen) Argumente der Beschneidungsgegner, und die nicht immer schlüssige und überzeugende jüdischen Antwortversuche. Der Doppeldeutige Titel spielt mit dem Abschneiden der Haut und dem Abhauen aus dem Land. Auch wenn sich Bodenheimer weitgehend auf die jüdischen Aspekte konzentriert, und nur ganz am Rande den Islam ins Blickfeld nimmt, lässt sich vieles mit Gewinn lesen punkto Frage auch von muslimsicher Präsenz in der Schweiz und Europa. Stichworte: • Religiöse Erziehung wird zunehmend als unzulässige Manipulation von Kindern kritisiert. Dabei kaprizieren sich die Debattenführer auf Äusserlichkeiten, Riten, Brauchtum – und blenden ideologisch-mainstreammässige Prägungen aus. Es wird massiv Druck ausgeübt, um jegliche Differenz(ierung)en zu nivellieren; dieser Druck ist oft grösser als der kritisierte „Druck“ von Eltern auf Kinder, wenn diese einzig die eigene ererbte Identifikation zu übermitteln suchen. Es findet gewissermassen ein Art Kolonialisierung statt: Religionsfreiheit ist keine Freiheit mehr zur Differenz, sondern nur in eine Richtung offen – in Richtung (unreflektierter) Mehrheitsmeinung. • Selbstverständnis religiöser Gruppierungen und Zuschreibung von aussen unterscheiden sich oft erheblich. Es findet keine wirkliche Debatte statt, sondern ein Enteignungsdiskurs. Die Mehrheit definiert, wie die Minderheit denkt und tickt. Da keine Gemeinde/Gesellschaft 100% einheitlich denkt, ist es unredlich, mit verschwindend kleinen Gegenmeinungen zu argumentieren (im Stil von: Es gibt auch Muslime, die für ein Minarett-Verbot sind; es gibt auch Juden, die ihre Söhne nicht beschneiden)… Mit seinem Essay will Bodenheimer anschreiben gegen die Bedenkenlosigkeit von Meinungsführern und gegen die Sprachlosigkeit der In-Kritik-Geratenen. Einiges davon ist übertragbar auf andere religiöse Minderheiten. Argumentiert wird ja meist mit „Menschenwürde“ – diese aber ist just am fragilsten, wo es um die Frage nach dem Respekt dem andern gegenüber geht, wo der andere eben anders ist, und anders bleiben will. Für das Diaspora-Judentum ein Modell auch „defensiver Religionsausübung“ mit Verzicht auf Durchsetzungsmacht. Hier wäre, das ist kein Thema mehr der Streitschrift, die reziproke Anfrage an muslimische Länder / Gesellschaften im Umgang mit dem Andern, der Minderheit(en).

Thomas Markus Meier 

Kathrin Rehmat

Beruf: Pfarrerin VDM, ev. ref. / ök. Theologin, Erwachsenenbildnerin, Pflegefachfrau SRK

Interesse an der GCM: Horizonte erkennen, Wissen über und Erfahrung in Religion, Gesellschaft und Geschichte austauschen, gemeinsame Nenner suchen und stärken. Themen wie Minderheit, Freundschaft, Fremd – und Andersheit, Solidarität, Umgang mit Vorurteilen, Augenhöhe üben, Schattengymnastik … Frieden in Beziehung suchen, Glaubensfreiheit verwirklichen, Leben feiern. Familie in Pakistan.

Wirkungsfeld/Ort: deutschsprachige evangelisch- reformierte Kirchgemeinde Biel/ Bienne

Dr. theol. Thomas Markus Meier

Beruf: Pastoralraumleiter

Interesse an der GCM:  Interreligiöser Dialog, Gastfreundschaft, Austausch, für ein besseres Klima für Mulsime hierzulande werben. Vertiefte historische Einschätzungen der unterschiedlichen Welten des Islams – und Rezensionen dazu.

Wirkungsfeld/Ort:  Pastoralraumleiter («Pfarrer») der Pfarrei St. Anna, FrauenfeldPLUS

Schitag der GCM, 11.02.2019

Für Kurzentschlossene: Montag, 11. Februar 2019

Letztes Jahr erwartete uns Lauchernalp mit grandioser Natur und viel Sonne. Wir wollen diesen Ausflug mit Schwung und weitest möglicher Aussicht in der Lauchernalp zum Schi-, Schnee- und hoffentlich Sonnentag wieder erleben. 55 km Pisten und dazu der höchstgelegene Winterwanderweg Europas auf 3000 üM…..mit Aussicht auf Alpen à discretion lädt die Lauchernalp (www.loetschental.ch) ein.

Kommst Du, kommt Ihr mit?

AbfahrtBern08.39 auf Gleis 3
ViaGoppenstein10.03, Bus
ViaWiler10.25, Gondel
AnkunftLauchernalp10.30

Rückfahrt ab Lauchernalp alle Viertelstunde bis 22.20 möglich.

Kosten* (Abfahrt ab Bern)

ErwachseneMit Skipass (CHF)Ohne Skipass (CHF)
Mit 1?2-Tax
83.2031.70
Ohne Ermässigung119.6063.40
Mit GA 46.800

*www.sbb.ch, Snow’n’Rail: Billette und Versicherungen selber besorgen.

Alternativprogramm:
MUSEUM FÜR ISLAMISCHE ZIVILISATIONEN, LA CHAUX-DE-FONDS (www.mucivi.ch) mitanschliessendem Raclette in Neuenburg.

Anmeldung: www.g-cm.ch, Kathrin Rhemat (Co-Präsidentin); kathrin@rehmat.ch.

Chor Anatolia – Singende Brückenbauer, 05.11.2018

Montag, 5.11.2018 20:00–21:15

St.Maria Kirche, Juravorstadt 47

Im Rahmen der Woche der Religionen

In Kooperation mit der Gemeinschaft von Christen und Muslimen in der Schweiz

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Musikalische Einblicke in die ferne und nahe Welt am Bosporus: Der Chor Anatolia aus Solothurn und Umgebung unter Leitung von Fatih Büyüközcü.

19:00 Apéro
20:00 Vorstellung des Chor Anatolia 20:15 Konzert

www.compass-bielbienne.ch/woche-der-religionen-2018